Die russische Regierung schuf eine neue Form der Zusammenarbeit mit Investoren im Rahmen des sog. Sonder-Investitionsvertrag (SIV), der vor allem die Lokalisierung der Produktion in Russland vorantreiben soll. In einem solchen verpflichtet sich ein Unternehmen, bestimmte Investitionstätigkeiten auf dem Gebiet der RF vorzunehmen, während der Staat ersteres mit Fördermaßnahmen unterstützt und die Erhaltung stabiler Verhältnisse für die Tätigkeit garantiert. Einige geplante Fördermaßnahmen (wie z.B. die Anwendung geminderter Steuersätze) bedürfen einer Änderung in den entsprechenden Gesetzen, deren Vollziehung bereits in der Rede des Präsidenten vor der Föderalen Versammlung (sog. Anweisungen an die Regierung) im Dezember 2015 gefordert wurde.

Kernpunkte
Die Dauer des SIV bestimmt sich nach der vom Investor angegebenen Frist bis zur Erwirtschaftung des operativen Gewinns (Schätzung gemäß dem Business-Plan) + 5 Jahre. Der Mindestbetrag für Investitionen auf der föderalen Ebene beträgt 750 Mio. RUB. Die Regionen sind dabei berechtigt, einen anderen Mindestbetrag zu bestimmen sowie auch auf einen solchen zu verzichten oder diese Voraussetzung durch andere Kriterien zu ersetzen (z.B. Mindestanzahl an Arbeitsplätzen).
Parteien

Tritt die deutsche Muttergesellschaft als Investor auf, wird die Beteiligung einer weiteren Person auf deren Vertragsseite erforderlich – eine industrielle Produktionsstätte auf dem Gebiet der RF, welche das Investitionsprojekt praktisch umsetzen wird. Als eine solche kommt z.B. sowohl die russische Tochtergesellschaft (falls sie über die notwendigen Kapazitäten verfügt) als auch ein gemeinsames Unternehmen (Joint-Venture) mit einem russischen Partner in Betracht.
Vertragstypen
Es sind drei Vertragstypen und somit drei verschiedene Vertragsgegenstände denkbar:
SIV 1 über die Gründung oder Modernisierung einer Produktionsstätte.
SIV 2 über die Einführung neuer Technologien in die Produktion.
SIV 3 über die Herstellung von Produkten, zu welchen in der RF keine Äquivalente existieren (keine analoge Produktion in Russland).
Pflichten des Investors
Das Gesetz bestimmt die Gegenleistung des Investors als Verpflichtung, innerhalb der vertraglich festgelegten Frist eine Produktionsstätte zu gründen oder zu modernisieren und/oder die Produktion auf dem Gebiet der RF aufzunehmen. Die Verpflichtungen werden in dem (föderalen) Vertragsmuster näher konkretisiert, es sind u.a.:
Vornahme von Investitionen in dem vereinbarten (Gesamt-)Betrag.
Vornahme praktisch wirksamer Handlungen zur Realisierung des Investitionsprojekts (der Investor muss u.a. die Vertragserfüllung durch die vor Ort in die Projektverwirklichung involvierte Produktionsstätte gewährleisten, wenn eine solche herangezogen wird).
Berichterstattung.
Zusätzliche Verpflichtungen, wie z.B. Bestellung von Bürgschaften oder Garantien.
Erreichen der von den Parteien vertraglich vereinbarten Ergebnisse/Werte:
Produktionsumfang (hergestellte und realisierte Produkte) jährlich und zum Zeit-punkt der Beendigung des SIV (Angabe im Geldwert, RUB);
Während der Vertragslaufzeit geplantes Steuerzahlungsvolumen;
Anteil des Wertes verwendeter ausländischer Materialien und Komponenten bei den hergestellten Produkten;
Vereinbarte Anzahl der zu schaffenden Arbeitsplätze.
Besteht beim Investor Unsicherheit darüber, ob ein Wert erreicht werden kann und in den Antragsunterlagen (als bindend) anzugeben ist, kann er einen Rahmenwert angeben (z.B. „von … bis") und bestimmte Abweichungskorridore vorschlagen, die von einer sachlichen Begründung begleitet werden.
Pflichten des staatlichen Partners
Die staatliche Gegenleistung besteht darin, innerhalb der vertraglich festgelegten Frist Fördermaßnahmen zu ergreifen und für stabile Verhältnisse zur Führung der unternehmerischen Tätigkeit zu sorgen, u.a.:
Die vertraglich vereinbarten Fördermaßnahmen zu Gunsten des Investors (ggf. zu Gunsten der lokalen Produktionsstätte, die an der Projektrealisierung teilnimmt) zu ergreifen. Beachte: Dem Investor können sowohl föderale als auch regionale und lokale Unterstützungsmaßnahmen gewährt werden, wenn die Vertragspartner des Investors RF, Region und Kommune sind. Der Investor wird sich dabei ggü. allen diesen drei Personen zu bestimmten Leistungen (auf drei Ebenen – föderale, regionale und lokale) verpflichten.
Garantie der Unveränderbarkeit der unter Ziff. 1. vereinbarten Unterstützung während der Vertragslaufzeit.
Bestandsschutz bei nachträglicher Änderung der Rechtslage zuungunsten des Investors.
„Einfrieren" der steuerlichen Gesamtbelastung in Bezug auf nachträgliche Steuererhöhungen.
Vorteile
I. Erleichterter Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt
1. „Made in RF" Anerkennungsverfahren
Durch verschiedene Verordnungen hat die Regierung den Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt für einige ausländische Waren (Arbeiten und Dienstleistungen) beschränkt. Betroffen sind ebenfalls die Ausschreibung von Unternehmen, an deren Grund- oder Stammkapital der Staat (RF, Region, Kommune) zu mehr als 50% beteiligt ist, sowie Ankäufe von deren Tochter- und Enkelgesellschaften. Um zur Teilnahme an der Ausschreibung zugelassen zu werden, benötigt man einen Nachweis dessen, dass die betroffenen Produkte auf dem Gebiet der RF oder der EAWU (CT-1 Zertifikat) hergestellt worden sind und so von dem Gebot der Priorität heimischer Produkte umfasst werden. Selbst einige Privatunternehmen, die im Rahmen ihrer Beschaffung nicht durch die oben genannten Verordnungen beschränkt werden können, sind u.U. doch mittelbar von dem Gebot der Priorität lokaler Produkte betroffen und zwar dadurch, dass bestimmte Subventionen aus dem föderalen Budget nur an solche Unternehmen gewährt werden, die einen Importsubstitutionsplan vorlegen und erfüllen. Somit gewinnt die Möglichkeit, einen Nachweis von „Made in Russia" zu führen, zunehmend an Bedeutung für den Vertrieb auf dem russischen Markt. In der Regierungsverordnung N 719 wurden Anforderungen festgelegt, welchen die Industrieprodukte zu entsprechen haben, um als „Made in Russia" gelten zu können. Die Verordnung enthält Verzeichnisse mit genauer Bezeichnung von Produkten (samt Klassifikationsnummer) und den für diese explizit geltenden Anforderungen.
2. Möglichkeit der Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung ohne Wettbewerb
Öffentliche Auftraggeber können i.R.d. Ausschreibung ihren Auftragnehmer entweder mittels Durchführung eines Wettbewerbs bestimmen oder den Vertrag mit einem einzigen Auftragnehmer abschließen (sog. Exklusivvertrag). Die Fälle, in welchen der Vertragsabschluss mit einem einzigen Auftragnehmer ohne Teilnahme von Konkurrenten möglich ist, sind gesetzlich geregelt (abschließender Katalog). Diese Möglichkeit soll gemäß einem Gesetzesentwurf auf die Parteien eines SIV erweitert werden, wobei der Umfang einer solchen Beschaffung eines jeden Auftraggebers bis zu 60% des Jahresbeschaffungsvolumens betragen soll. Der Rede des Präsidenten vor der Föderalen Versammlung im Dezember 2015 (Anweisungen an die Regierung) ist zu entnehmen, dass bis zu 30% des Produktionsvolumens des Investors mittels dieses Instruments abgenommen werden könnten. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, dass in einem SIV grundsätzlich nur Gewährung solcher Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen werden kann, die sich aus dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Recht ergeben. Solche Fördermaßnahmen, die zu diesem Zeitpunkt nur in einem Gesetzesentwurf vorgesehen sind, bedürfen einer aufmerksamen Vertragsgestaltung
.
II. Möglichkeit der steuerlichen Vergünstigungen
1. Föderale Ebene
Ein Gesetzesentwurf schlägt die Vornahme von Änderungen im Steuergesetzbuch vor, wonach zugunsten der SIV-Teilnehmer (Investor) ein Herabsenken des föderalen Steuersatzes für die Gewinnsteuer von 2% auf 0% erfolgen soll. Der Investor soll zur Anwendung dieses Steuersatzes berechtigt werden, wenn seine Erträge aus der Realisierung von i.R.d. SIV hergestellten Produkten mindestens 90% aller Erträge ausmachen, die bei der Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Ferner soll für den betreffenden Investor die Möglichkeit einer erhöhten Abschreibung des Anlagevermögens geschaffen werden. Er soll also berechtigt werden, zusätzlich zum regulären Abschreibungssatz bei Sachanlagevermögen einen besonderen Koeffizienten (max. bis zu 2) anzuwenden und zwar für Vermögenswerte mit einer Nutzdauer von 1 bis zu 20 Jahren. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, dass in einem SIV grundsätzlich nur die Gewährung solcher Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen werden kann, die sich aus dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Recht ergeben. Solche Fördermaßnahmen, die zu diesem Zeitpunkt nur in einem Gesetzesentwurf vorgesehen sind, bedürfen einer aufmerksamen Vertragsgestaltung.
2. Regionale Ebene
Die Höhe der Steuersätze der von den Subjekten der RF (Regionen) zu erhebenden Steuern (z.B. Besteuerung des Vermögens einer juristischen Person) wird von diesen selbst bestimmt. Ein Gesetzesentwurf schlägt die Vornahme von Änderungen im Steuergesetzbuch vor, wonach die Regionen berechtigt werden sollen, zugunsten der SIV-Teilnehmer den regionalen Steuersatz für die Ertragssteuer bis auf die 0% herabzusenken und zwar beginnend mit der Steuerperiode, in welcher der erste Ertrag erwirtschaftet worden ist, und bis zum Ablauf der SIV-Laufzeit (jedoch max. bis zum Jahr 2025). Die Gewährung von (weiteren) steuerlichen Vergünstigungen steht im Ermessen der Entscheidung der Regionen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, dass in einem SIV grundsätzlich nur die Gewährung solcher Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen werden kann, die sich aus dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Recht ergeben. Solche Fördermaßnahmen, die zu diesem Zeitpunkt nur in einem Gesetzesentwurf vorgesehen sind, bedürfen einer aufmerksamen Vertragsgestaltung. Die Region Perm hat z.B. ihre Gesetzgebung bereits angepasst und dadurch eine gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Fördermaßnahmen geschaffen. So wurde z.B. auf die Forderung nach einem Investitionsmindestbetrags verzichtet, stattdessen soll sich der Investor zur Schaffung von mindestens 250 Arbeitsplätzen verpflichten. Neben der Befreiung von der Grund-/Bodensteuer (lokaler Rechtsakt der Kommune) wurde die Besteuerung des im Rahmen der Projektrealisierung gebildeten Anlagevermögens auf 0% herabgesetzt. Der regionale Steuersatz für die Ertragssteuer beträgt 13,5%.
III. Garantie bezüglich der Nichtanwendung nachträglicher Steuererhöhungen
Gemäß 488-FG soll es den Investoren garantiert werden, dass sie von nachträglichen Gewinnsteuererhöhungen und damit Änderungen der ertragsteuerlichen Gesamtbelastung nicht tangiert werden. Die Gewährung einer derartigen Garantie bedarf einer gesetzlichen Grundlage, was die Änderung sowohl des Steuergesetzbuches als auch der regionale Steuergesetze voraussetzt. Bisher sind die notwendigen Änderungen nur in einem Gesetzesentwurf vorgesehen. Danach sollen nachträglich in Kraft getretene Gesetzesakte, welche die Steuersätze, das Erhebungsverfahren sowie das allgemeine Verfahren und die Fristen der Steuerentrichtung regeln und die Rechtssituation des Investors dadurch verschlechtern, nicht anwendbar sein und zwar bis zum Eintritt eines der folgenden Bedingungen:
Beendigung der SIV-Laufzeit;
Ablauf der Frist, welche für die Gewährung steuerlicher Vorteile zum Zeitpunkt des Abschlusses des SIV gesetzlich vorgesehen war.
IV. Bestandsgarantie in Bezug auf nachträgliche Gesetzänderungen
Das 488-FG garantiert dem Investor, dass dieser von nachträglich in Kraft getretenen für ihn nachteilhaften Änderungen der Rechtslage nicht betroffen sein wird. Demnach bleiben für die Dauer des SIV solche föderalen und regionalen Gesetze sowie Rechtsakte nicht anwendbar, die folgendes anordnen:
Verbote und Beschränkungen, die eine negative Auswirkung auf die Vertragserfüllung haben können;
Änderung der zwingenden Anforderungen an die Produkte und/oder das Projektierungsverfahren, das Herstellungsverfahren, die Bau-/Montagearbeiten, die Aufbewahrung, den Transport, die Entsorgung u.a.
V. Finanzhilfen
Gemäß den Regelungen des 488-FG kann dem Investor auch finanzielle Unterstützung in Form von Subventionen gewährt werden. Hierbei ist zu beachten, dass in dem SIV nur die Gewährung solcher staatlicher Fördermaßnahmen vorgesehen werden kann, die sich aus dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Recht ergeben. Im Februar 2016 wurden Änderungen im Föderalen Haushaltsgesetzes vorgenommen, welche die Gewährung bestimmter Subventionen und Investitionen aus dem föderalen Budget an ausländische juristische Personen für nicht zulässig erklären (betroffen sind auch russische Unternehmen, an deren Stammkapital zu mindestens 50% sog. Offshore-Gesellschaften beteiligt sind). Es handelt sich zum einen um föderale Subventionen, deren Zuteilung auf Grundlage des Art. 78 Haushaltsgesetz erfolgt und wie folgt definiert werden: eine unentgeltliche und nicht rückzahlungspflichtige Zuwendung zwecks Erstattung von nicht erwirtschafteten Erträgen und/ oder Produktionsaufwendungen. Zum anderen fallen hierunter Investitionen zugunsten einer juristischen Person, welche die Entstehung des Eigentumsrechts des Staates am äquivalenten Teil des Stammkapitals nach sich ziehen.
2016