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Importabhängigkeit verringern: Russlands neue Strategie

Обновлено: 24 апр. 2018 г.

Die Strukturschwäche der russischen Wirtschaft, der gesunkene Ölpreis und der damit zusammenhangende volatile Rubel bringen das russische rohstoffabhängige Wirtschaftsmodell an seine natürlichen Grenzen.



Dabei ist seit mehr als 20 Jahren bekannt, dass die geringe Wortschöpfung und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit im Inland eine starke Importabhängigkeit von ausländischen Produkten und Technologien geschaffen hat, der je nach Branche zwischen 60 und 90 Prozent liegt. Die Losung sieht die Regierung unter anderem im Aufbau eigener Industrie, wobei man sich auf ausgewählte Branchen konzentriert. In diesem Zusammenhang spricht man über die Realisierung des Regierungsplans zur Importsubstitution und auch über die Lokalisierung der Produktion in Russland durch ausländische Investoren, deren Knowhow und Technologien weiterhin gefragt sind.


„ERZWUNGENE“ IMPORTSUBSTITUTION


Mit dem neuen Gesetz Nr. 488 „Uber die Industriepolitik“ vom 31. Dezember 2014 hat die russische

Regierung die Schaffung einer wettbewerbsfähigen heimischen Industrie und die Forderung der Zusammenarbeit mit Investoren nunmehr als eines der wichtigsten nächsten Ziele ausgelobt. Eines der Instrumente, die bei der Realisierung des Plans helfen sollen, ist die Beschränkung des Zugangs für ausländische Waren, Arbeiten und Dienstleistungen zu dem öffentlichen Beschaffungsmarkt. So mussten zwecks Realisierung der Planziele sowohl das Gesetz Nr. 44 über die öffentlichen Ausschreibungen als auch das Gesetz Nr. 223 „Über die Vergabe durch bestimmte Gesellschaftsformen“ gewisse Änderungen erfahren.


BEVORZUGUNG DURCH VERBOTE


Die Priorität der einheimischen Industrieproduktion bei öffentlichen Ausschreibungen wurde gemäß dem Gesetz Nr. 223-FZ „Uber die Vergabe durch bestimmte Gesellschaftsformen“ (gilt für Ausschreibungen durch Staatsunternehmen sowie für Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung einschließlich deren Tochter) als Fördermaßnahme festgelegt. Die Anwendung des Gesetzes wird unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Unternehmen mit einer geringeren staatlichen Beteiligung und auf andere private Unternehmen erweitert, wenn diese einen Vertrag über die in einem besonderen Verzeichnis genannten Produkte der Maschinenbaubranche abzuschließen planen (und zwar im Rahmen eines registrierten Investitionsprojekts im Wert von mindestens zehn Milliarden Rubel) und dabei die staatliche Unterstützung erhalten. Die Regierung kann dabei Arten von Produkten bestimmen, die ohne Zustimmung im Ausland nicht erworben werden dürfen. Unter staatlicher Unterstützung sind im Sinne dieser Regelung staatliche Garantien oder Finanzhilfen (aus dem föderalen Budget, von dem Fonds für nationalen Wohlstand und der Vneschekonombank) zu verstehen. Das Gesetz „Uber die Industriepolitik“ legt im Artikel 18 die Bevorzugung russischer Waren bei der öffentlichen Beschaffung in bestimmten Bereichen fest. Diese Bereiche werden durch Regierungsbeschlusse bestimmt: Derzeit erfasst werden die Bereiche Medizin, Leichtindustrie und Maschinenbau. Auf Grund einer Gesetzesänderung ist seit Neuestem auch die öffentliche Beschaffung ausländischer IT-Produkte verboten, solange es ein analoges Produkt in der Russischen Föderation gibt.


MADE IN RUSSIA


Die Kriterien zur Bestimmung des Herkunftslandes der Ware hat man ursprünglich zum großen Teil zwecks der tariftechnischen Regulierung der Einfuhr und der Ausfuhr der Ware angewandt. Im Zuge der Festlegung der oben erwähnten Verbote und Beschränkungen (Regierungsbeschlusse) wurden diese Kriterien immer wichtiger: Zwecks Realisierung des Plans sollten sie konkretisiert werden. In diesem Zusammenhang wurden durch die russische Regierung Anforderungen bestimmt, welche an die Produktion zu stellen sind, um diese als „hergestellt in Russland“ anzuerkennen. Das in Russland produzierende Unternehmen muss z.B. über Rechte an den technologischen und Konstruktionsunterlagen verfugen, welche die Weiterentwicklung der Produktion für fünf bis zehn Jahre gewährleisten. Für viele Erzeugnisse werden auch technologische Schritte in der Fertigung konkret benannt, die lokal ausgeführt werden müssen. Und die Anzahl der zwingend lokal ausgeführten Fertigungsschritte wachst auch noch von Jahr zu Jahr, bis dann 2020 das Maximum erreicht ist.


FINANZIELLE UNTERSTUTZUNG FUR LOKALE PRODUZENTEN


Um das Thema Importsubstitution voranzutreiben, setzt die russische Regierung auf die Unterstützung lokaler Hersteller. So wurden z.B. Beschlusse verfasst, welche die Gewährung von Subventionen aus dem föderalen Budget an russische Unternehmen regeln. Die Subventionierung erstreckt sich auf viele industrielle Branchen, hier sind nur einige Beispiele. Es wurde eine Regelung über die Subventionierung eines Teils der Kosten getroffen, welche bei der Produktion von Arzneimitteln und pharmazeutischen Substanzen entstanden sind. Mit diesen Fördermitteln sollen z.B. Kosten erstattet werden, welche das Unternehmen infolge des Leasings von den zur Produktion erforderlichen Anlagen getragen hat. Der Subventionsumfang kann bis zu 200 Millionen Rubel betragen (für die Gesamtdauer des Subventionsvertrages). Ähnliche Bestimmungen sind z.B. auch für die Herstellung medizinischer Technik vorgesehen. Ferner wurde das Verfahren der Subventionierung von Darlehenszinszahlungen im landwirtschaftlichen Bereich geändert und erweitert. So können Fördermittel zur Verfugung gestellt werden, wenn Darlehensmittel z.B. für den Erwerb von Agrarrohstoffen oder des Rindviehs, für den Bau oder die Modernisierung von Tierhaltungsobjekten oder Aufbewahrungsanlagen für Obst und Gemüse oder zur Refinanzierung bestimmter Ausgaben verwendet werden. Die Subventionierung von Darlehenszinszahlungen ist auch für Unternehmen in der Leichtindustrie vorgesehen, wenn diese ein Darlehen zwecks Erwerbs von Rohstoffen und Materialien aufnehmen. Die finanzielle Forderung kann außerdem durch staatliche Fonds zur Entwicklung der Industrie erfolgen.


ZUSATZLICHE SCHRITTE ZUR EXPORTFORDERUNG


Parallel zur Entwicklung der einheimischen Industrie versucht man, auch die exportierenden Unternehmen zu unterstutzen. Denn die Importsubstitution soll nicht allein den lokalen Markt erfassen, sondern auch exportorientiert sein. Hierzu wurde z.B. das Russische Exportzentrum gegründet, bei dem russische Exporteure sowohl finanziell als auch nicht finanziell unterstutzt werden. Hier werden sie unter anderem zur Vorbereitung eines Exportgeschäfts oder zur Teilnahme an ausländischen öffentlichen Ausschreibungen beraten, bei den Verhandlungen oder bei der Vertragsgestaltung unterstutzt, bekommen Hilfe im Bereich Finanzen und Versicherung.


Beitrag von Erika Kindsvater für die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer zum

Abschluss des Jahres 2015:

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