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Die öffentlich-private Partnerschaft in Russland

Обновлено: 24 апр. 2018 г.

Die öffentlich-private Partnerschaft (PPP) stellt in Russland eine relativ neue Form der Zusammenarbeit zwischen dem Staat und privaten Investoren dar. PPP ist (noch) nicht durch ein spezielles föderales Gesetz geregelt, es werden die Vorschriften des Zivilkodex, des Gesetzes „Über die Konzessionsvereinbarungen“ und des Gesetzes „Über die Investitionstätigkeiten in der RF in Form von Kapitalanlagen“ u. a. angewandt. Einige Regionen haben eigene Gesetze über PPP erlassen, welche aber zum größten Teil als Rahmenvereinbarungen ausgestaltet sind, die zur Regulierung nicht wirklich beitragen können. Als Vorbild gilt in diesem Zusammenhang die Region St.-Petersburg, welche nicht nur über eine gesetzlich detaillierte Regelung der PPP-Beziehung, sondern auch über umfangreiche Erfahrungen in diesem Bereich verfügt.



Das Zentrum für Entwicklung der PPP veröffentlichte das Rating der Regionen 2014: untersucht wurden die gesetzlich-normativen Grundlagen, die organisatorischen Fragen (z. B. ob eine spezielle Behörde oder eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung der PPP-Projekte gegründet wurde), die vorhandene Erfahrung und die Attraktivität der Region für die privaten Investoren. Die beste Bewertung erhielt die Region St.-Petersburg, gefolgt von der Republik Tatarstan und der Region Novosibirsk (Moskau ist auf dem 10. Platz).


Konzession


Die häufigste Form für die Ausgestaltung der PPP ist die Konzession, welche hauptsächlich durch das Föderale Gesetz Nr. 115 „Über den Konzessionsvertrag“ (im Folgenden FG-115) geregelt wird. Gemäß dem Konzessionsvertrag verpflichtet sich der Konzessionär, auf eigene Rechnung einen bestimmten un-/beweglichen Vermögensgegenstand zu rekonstruieren und/oder zu errichten, dessen Eigentümer der Konzedent ist/wird, und Tätigkeiten im Zusammenhang mit dessen Nutzung (dessen Betrieb) auszuüben. Dabei sind unter dem Begriff „rekonstruieren“ die Einführung neuer Technologien, die Maßnahmen zur Mechanisierung und Automatisierung der Produktion, die Modernisierung und andere Verbesserungsmaßnahmen zu verstehen.


Welche Objekte Gegenstand eines Konzessionsvertrags sein können, ist im FG-115 abschließend geregelt. Es sind z. B. die Kraftverkehrsstraßen, Objekte des Eisenbahnverkehrs, Meeres und Flusshäfen, Schiffe, Flughäfen, Einrichtungen für Erzeugung und Vertrieb von Strom und Wärme, Objekte öffentlicher Infrastruktur (Energie-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung, Abfallverarbeitung und Recycling u. a.), Gesundheitseinrichtungen, Bildungseinrichtungen. Das Konzessionsobjekt muss zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung im Eigentum des Konzedenten stehen. Eine Regelung in dem Konzessionsvertrag, wonach das (Mit-)Eigentum an den Konzessionär übereignet werden soll, führt zur Unwirksamkeit der Konzessionsvereinbarung (Rechtsprechung).


Das Konzessionsobjekt muss frei von Rechten Dritter sein (eine Ausnahme stellen die Kraftverkehrsstraßen und die Objekte öffentlicher Infrastruktur dar). Gemeint sind insbesondere die so genannten Rechte zur wirtschaftlichen Verwaltung, welche entstehen, wenn das staatliche Eigentum an staatliche oder gemeindliche Unternehmen zur Verwaltung übergeben wird. Es ist also sinnvoll, stets vor dem Abschluss eines Konzessionsvertrags die Frage nach der Belastung durch Rechte Dritter zu prüfen. Besteht z. B. an dem gepachteten Grundstück ein staatlich registriertes Recht eines Dritten, kann dies dazu führen, dass die Gerichte die entsprechende Pachtvereinbarung als unwirksam ansehen, da Rechte Dritter die Möglichkeit des Eigentümers einschränken können, über das Grundstück zu verfügen.


Entwicklung in der Praxis


Trotz einiger positiver Beispiele entwickelt sich die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den Privatinvestoren nur schleppend. Einer der Bremsfaktoren für die Entwicklung von PPP-Projekten, welche sich i. d. R. über einen langen Zeitraum erstrecken, ist der schwere Zugang zu einer langfristigen (Fremd-)Finanzierung. Neben der Zurückhaltung der Banken bei Vergabe langer Kredite und den hohen Zinsen solcher Kredite ist auch die unter vielen nationalen Privatinvestoren herrschende Einstellung zu nennen, die sich vor komplizierten und langfristigen Projekten scheuen.

Einen weiteren Grund stellt die unzureichende und teilweise zu starre gesetzliche Regulierung der Konzession dar:

  • Zu bemängeln ist z. B. die fehlende Möglichkeit für den Investor, Eigentum an dem Konzessionsobjekt zu erwerben.

  • Ferner darf er seine Rechte aus dem Konzessionsvertrag nicht verpfänden. Hat der Investor vor, das Projekt (teilweise) mit Fremdmitteln zu finanzieren, darf er diese Rechte auch nicht als Sicherheit für die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag heranziehen.

  • Der zusätzliche Kosten- und Zeitaufwand, welcher durch die Teilnahme an dem Ausschreibungsverfahren entsteht, kann für manche Investoren abschreckend wirken.

  • Außerdem sind der Ausstieg durch Abtretung und die Möglichkeiten der Absicherung dadurch beschränkt, dass die Abtretung der Forderungen des Konzessionärs (also ein „Austausch“ von Konzessionären) nur ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Objekts und mit Zustimmung des Konzedenten möglich ist.

Mehr Attraktivität für Investoren schaffen Um die Entwicklung von PPP voranzutreiben, sind in die Duma der Entwurf des Föderalen Gesetzes „Über Grundlagen der staatlich-privaten Partnerschaft“ und ein Gesetzesentwurf „Über Vornahme der Änderungen im Gesetz über Konzessionsverträge und in einigen Gesetzesakten RF“ eingebracht worden. Somit wird die PPP-Rechtsbeziehung auf föderaler Ebene geregelt, und die geplanten Änderungen zur Konzession werden günstigere Bedingungen für die Investoren schaffen und zu einem breiteren Anwendungsfeld von Konzessionsverträgen beitragen.


Als eine der wichtigsten Neuerungen gilt die geplante gesetzliche Regelung eines Vorzugsrechts des Konzessionärs auf den Erwerb des Objekts. Der Konzessionär, welcher seine Verpflichtungen gewissenhaft und ordentlich erfüllt hat, kann demnach nach dem Ablauf der vereinbarten Laufzeit aus dem Konzessionsvertrag das Objekt zum Marktwert erwerben.


Die Aufzählung von Objekten, welche zum Gegenstand eines Konzessionsvertrags gemacht werden können, soll nicht mehr abschließend sein.


Um die Konzession für die Inverstoren attraktiver zu machen, wird die Verpflichtung des Konzedenten vorgesehen, die Kapitalrentabilität und den Gewinn des Konzessionärs für den Fall zu gewährleisten, dass die Änderung der Gesetzeslage zur Erhöhung der steuerlichen Gesamtbelastung oder Einführung von Verboten und Einschränkungen führt. Als Maßnahmen werden die Erhöhung der Zahlung des Konzedenten an den Konzessionär, die Verlängerung der Konzessionsfrist, die Übernahme eines höheren Anteils an Kosten durch den Konzedenten (falls solche Teilnahme vereinbart ist) sowie die Gewährung von staatlichen Garantien genannt.


Falls die fristgerechte Realisierung des Projekts durch höhere Gewalt oder das Handeln von staatlichen Organen unmöglich gemacht wird, soll der Konzessionär auch berechtigt sein, die Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen zu verlangen.


Der Abschluss des Konzessionsvertrags wird auch auf Initiative des Privatinvestors möglich sein, um dessen Teilnahme an der Ausschreibung und das Ausschreibungsverfahren für den Fall zu erleichtern, dass nur ein Interessent an dem Ausschreibungsverfahren teilnimmt.


Einen großen Nachteil der gegenwaertigen Gesetzeslage stellt die fehlende Möglichkeit einer direkten Zahlung des Konzedenten an den Konzessionär, mit Ausnahme des Falles, in dem die Kraftverkehrsstraßen den Gegenstand der Konzession dar. Nun sollte diese Einschränkung abgeschafft werden. Dadurch wird es möglich sein, die Kostenerstattung und den Ertrag des Investors aus den Steuereinnahmen infolge der Projektrealisierung zu finanzieren und Interesse der Investoren an solchen Projekten zu wecken, die bisher weniger attraktiv waren.


Fazit


Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der gesetzgeberische Wille zur Schaffung attraktiver Bedingungen für (ausländische) Investoren und der enorme Modernisierungsbedarf zum gesteigerten Interesse an PPP-Projekten nach der Einführung der oben genannten Normen führen dürfen. Neben der sozialen Infrastruktur können Projekte im Bereich des Straßenbaus interessant sein oder z. B. auch der Bau / die Rekonstruktion medizinischer Einrichtungen, denn die staatlichen Kliniken entsprechen oft nicht den deutschen Standards an Technik, Leistung und Pflege, welche aber zunehmend von Patienten als unverzichtbar angesehen werden, was zur Entwicklung von „Medizin-Tourismus“ an großen deutschen Kliniken führt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie berichtete im Januar 2014 davon, dass 88 Prozent der Kliniken steigende Patientenzahlen verzeichnen, und immer häufiger gehören dabei russischsprachige Gäste zu den Kunden, 2012 kamen rund 8.300 stationäre und 12.400 ambulante ausländische Patienten aus Russland.


Publikation von Erika Kindsvater für Wegweiser Media & Conferences GmbH, 2014

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