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Mittelstand in Russland – Chancen und Risiken

Обновлено: 24 апр. 2018 г.

I. Einführung

Deutscher Mittelstand – Wirtschaftsmotor, Ausbilder der Nation, Innovationskraft. Viele deutsche Mittelständler verfügen bereits über weite internationale Handelsbeziehungen und laut einer britischen Studie (Institut Oxford Economics) wird jeder zweite von ihnen bis zum Jahr 2016 rund die Hälfte seines Umsatzes außerhalb Deutschlands erwirtschaften.



Die deutsch-russischen Handelsbeziehungen brachten im Jahre 2012 einen Handelsumsatz in Höhe von über 80 Mrd. EUR ein. Was erwartet aber einen Mittelständler in Russland? Viele Unternehmer haben das Potenzial des russischen Marktes bereits erkannt, andere wagen den Markteintritt noch nicht. Dieser Artikel befasst sich mit der Frage nach Möglichkeiten und Gefahren für einen Mittelständler in der Russischen Föderation (nachfolgend: RF) und beruht auf der aktuellen Gesetzeslage und der Rechtsprechung.


Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie boten deutsche KMU im Jahr 2010 rund 60 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen Arbeitsplatz an, fünf von sechs Auszubildenden lernen in kleinen und mittleren Betrieben, Mittelständler machen deutlich mehr Umsatz als DAX-Unternehmen und im Jahr 2010 waren 99,6 % der 3,6 Mio. deutschen Unternehmen Mittelständler. Eine derartige Bedeutung ist dem russischen Mittelstand nicht beizumessen: ihr Anteil am BIP betrug im Jahr 2012 ca. 21 %–22 % (Prognose für 2015 ca. 25 %), der Anteil am Arbeitsmarkt beläuft sich auf 25 %. Während die deutschen KMU zu den innovativsten in Europa zählen und nicht selten als Exporteure einzigartiger Produkte auftreten, konzentriert sich die Mehrheit der russischen KMU in Bereichen Handel und Dienstleistungen.


II. Einführung in die Gesetzeslage

Wie wichtig die Förderung und Entwicklung des Mittelstandes ist, hat man in der RF mittlerweile eingesehen, insbesondere in den letzten sechs Jahren kam einiges in Bewegung. Einen der bedeutenden Schritte stellt der Erlass des Föderalen Gesetzes FG-209 dar, welches im Juli 2013 die letzte Änderung erfuhr. Es legt Ziele und Prinzipien der staatlichen Politik fest und definiert den Begriff der „KMU“. Ferner ist das Gesetz FG-159 zu nennen, welches den KMU einen Vorteil beim Erwerb des staatlichen unbeweglichen Vermögens gewährt. Dies brachte eine große Erleichterung in Bezug auf das allgemein geltende Erwerbsverfahren mit sich, welches kompliziert und unübersichtlich ist. So wurden laut einem Mitglied der Regierung der Stadt Moskau in der ersten Jahreshälfte 2013 mehr Anträge von den am Erwerb interessierten KMU gestellt als in den letzten 1,5 Jahren. Neben weiteren Regelungen in anderen Gesetzen existieren auch einige Förderprogramme und Entwicklungspläne (Roadmaps). Es wurde z. B. die Frist für den Anschluss des KMU an das Elektronetz deutlich verkürzt, die vorher bis zu sechs Monate betrug.


III. Merkmale der KU und MU

IV. Förderung und Begünstigungen der KMU

1. Steuerentlastung

Als erste Maßnahme ist die Minderung der Steuerbelastung zu nennen, wobei diese nur teilweise zur Förderung beitragen darf. Denn die im FG-209 festgelegte „besondere steuerliche Behandlung“ kann aufgrund strenger Voraussetzungen des Steuerkodex nicht von einem MU in Anspruch genommen werden und bedarf somit der Nachbesserung.

Vorgesehen ist zum einen das sog. „vereinfachte Besteuerungsverfahren“ als Befreiung des Unternehmens von der Pflicht, die Gewinnsteuer, die MwSt und die Vermögenssteuer abzuführen: der Steuersatz beträgt 6 % (auf Einnahmen) oder 15 % (auf Einnahmen minus Ausgaben). Das Recht zur Anwendung dieses Verfahrens besteht aber nur, wenn der Ertrag innerhalb der letzten neun Monate (vor dem geplanten Übergang zu dem vereinfachten Verfahren) höchstens 45 Mio. RUB betrug und innerhalb eines Abrechnungszeitraums 60 Mio. RUB nicht übersteigt. Ferner darf das Unternehmen höchstens 100 Mitarbeiter beschäftigen. Diese Einschränkungen stellen ein großes Hindernis für eine breite Anwendung des vereinfachten Verfahrens dar. Denn von dem Recht auf die vereinfachte Besteuerung dürfen somit nur Mikrounternehmen oder solche KU Gebrauch machen, deren Ertrag die festgelegte Höchstgrenze nicht überschreitet. Ein MU bleibt von dieser aufgrund der Mitarbeiteranzahl ganz ausgeschlossen.


Zum anderen beinhaltet der Steuerkodex einen Katalog von Gesellschaftstätigkeiten, bei deren Ausübung das Recht auf Abführung der sog. „einheitlichen Steuer“ besteht (15 % auf Einnahmen, die nach einem speziellen Verfahren ermittelt werden). Dabei handelt es sich um eine der vereinfachten Besteuerung vergleichbare Befreiung. Voraussetzung ist u. a., dass der Anteil anderer juristischen Personen am Stammkapital höchstens 25 % beträgt und die durchschnittliche Arbeitnehmeranzahl 100 AN nicht übersteigt. Aufgrund der letzten Bedingung kann diese Steuerentlastung wiederum nicht von einem MU beansprucht werden. Somit gilt für das MU allgemeines Besteuerungsverfahren: MwSt. – 18 %, Gewinnsteuer – 20 % und Vermögenssteuer – 2,2 % (in Moskau).


Anzumerken ist, dass sich die geschäftliche Zusammenarbeit zwischen einem zur Entrichtung der MwSt. verpflichteten und einem davon befreiten Unternehmen aufgrund der Nutzung des Vorsteuerabzugs als schwierig gestalten kann. Veräußert z. B. ein KU, welches das vereinfachte Besteuerungssystem anwendet, seine Ware an ein Unternehmen, welches der allgemeinen Besteuerung unterliegt, darf der Letzte den Abzug der Vorsteuer nicht nutzen. Diesen Nachteil kann man nur durch niedrigere Produktpreise ausgleichen, wobei die Preisdifferenz mehr oder weniger dem MwSt.-Betrag gleichen wird. Daher sollte jedes zur vereinfachten Besteuerung berechtigte KU einen Business-Plan erstellen, welcher insbesondere die Frage nach den künftigen Geschäftspartnern und so der Erforderlichkeit des Vorsteuerabzugs beantwortet, um ein für sich optimales Besteuerungssystem zu wählen.


2. Erwerb des unbeweglichen Vermögens von „Subjekten der RF und Kommunen“

Eine besondere Behandlung der KMU beim Erwerb des unbeweglichen Vermögens sieht das FG-159 vor: während der Erwerb i. d. R. nur im Rahmen einer Auktion möglich ist, gewährt man den KMU ein gesetzliches (nicht abtretbares) Vorzugskaufrecht. In Moskau z. B. (Subjekt RF) berechtigt dies die KMU zum Erwerb einer Fläche von bis zu 1000 m², wobei die Veräußerung einer größeren Fläche mit Zustimmung der Stadtregierung auch möglich ist. Das Rechtsgeschäft löst keine Pflicht zur Abführung der MwSt. aus (Art. 146 II Steuerkodex). Zu bemängeln ist aber, dass weder das Vorzugskaufrecht noch die Steuerentlastung auf den Erwerb des unbeweglichen „föderalen" Vermögens Anwendung finden, sodass einige KMU von diesen Regelungen nicht profitieren können. Ferner wird von den Bestimmungen des FG-159 der Erwerb von Grundstücken nicht umfasst.


a) Vorzugskaufrecht beim vorherigen Privatisierungsbeschluss des zuständigen Organs.


Voraussetzungen für die Entstehung des Vorzugskaufrechts sind:

  • ununterbrochene Anmietung der Räumlichkeiten innerhalb von mindestens zwei Jahren – Stichtag ist der 1. Juli 2013 (aktuellste Änderung),

  • kein Zahlungsverzug (Miete, Vertragsstrafe, Verzugszinsen),

  • die Räumlichkeiten sind nicht in ein spezielles Vermögensverzeichnis aufgenommen, in welchem das nicht zu veräußernde unbewegliche Vermögen aufgelistet ist.

Wird vom zuständigen Organ der Beschluss gefasst, die Räumlichkeiten zu veräußern, so muss es zunächst ein Kaufangebot an den Mieter (KMU) richten [einschließlich des Entwurfs des Kaufvertrags und ggf. die Aufforderung, die noch ausstehenden Zahlungen (Verzug) zu leisten]. Im Falle der Annahme durch den Mieter wird der Kaufvertrag innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen


b) Vorzugskaufrecht ohne den vorherigen Privatisierungsbeschluss des zuständigen Organs


Die KMU können seit dem 1.1.2009 das Erwerbsverfahren „auf eigene Initiative“ in Gang setzen, sodass die Erwerbsberechtigung an das Vorliegen eines Privatisierungsbeschlusses des zuständigen Organs nicht (mehr) gebunden ist. Erforderlich hierfür ist ein Antrag des Unternehmens, in welchem es darlegt, dass die Merkmale eines K/MU vorliegen, und erklärt, von seinem Vorzugskaufrecht Gebrauch machen zu wollen. Die oben unter Pkt. a) genannten Voraussetzungen gelten weiterhin, wobei hinsichtlich der Aufnahme in ein spezielles Vermögensverzeichnis eine Besonderheit gilt:

Sind die angemieteten Räumlichkeiten in das Vermögensverzeichnis aufgenommen, besteht dennoch die Möglichkeit deren Erwerbs. Voraussetzungen hierfür sind, dass die Räumlichkeiten seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen angemietet (Stichtag 1.9.2012) und zum Zeitpunkt des Antrags seit mindestens fünf Jahren in dem Vermögensverzeichnis eingetragen sind. Es ist zu vermuten, dass diese neue Regelung eingeführt wurde, um den Missbrauch seitens der Organe zu verhindern. So konnten sie die Privatisierung nach Art. 3 FG-159 verhindern, indem sie die angemieteten Räumlichkeiten in das Vermögensverzeichnis aufnahmen. Den Erwerb „auf eigene Initiative“ nach Art. 9 FG-159 konnte man durch die Übergabe des unbeweglichen Vermögens an ein staatliches Einheitsunternehmen zur wirtschaftlichen Verwaltung unmöglich machen.

Starke Unterstützung für die KMU kam vom Obersten Arbitragegericht RF (Oberstes Gericht der RF für Wirtschaftssachen). So führte es aus, dass das Vorzugskaufrecht der KMU auch dann bestehen kann, wenn „nach“ der Veröffentlichung des FG-159 die Organe eine Handlung vornehmen, welche ausschließlich die Verhinderung der Ausübung des Vorzugskaufrechts zum Ziel hat . Eine solche Handlung liegt z. B. vor, wenn das betroffene unbewegliche Vermögen als eine Einlage auf einen Anteil am Stammkapital einer Kapitalgesellschaft geleistet, dem staatlichen Einheitsunternehmen zur wirtschaftlichen Verwaltung übergeben oder in das Vermögensverzeichnis aufgenommen wurde. Somit bestehen keine Hindernisse für die Antragstellung mehr: Wurden die Räumlichkeiten noch vor der Veröffentlichung des Gesetzes ins Vermögensverzeichnis aufgenommen, kann das Vorzugskaufrecht nach Art. 9 FG-159 ausgeübt werden, denn es sind bereits mehr als fünf Jahre seit ihrer Eintragung ins Verzeichnis vergangen.


Erfolgte die Aufnahme in das Vermögensverzeichnis nach der Gesetzesveröffentlichung, wird das Gericht im Falle der behördlichen Ablehnung des Antrags auf Erwerb der Mieträume genau prüfen, ob die Aufnahme auf sachlichen Gründen beruht oder nur den Zweck verfolgt, das K/MU an der Ausübung seines Vorzugskaufrechts zu hindern. So entschied das Oberste Arbitragegericht RF zugunsten des Klägers, dass die Regierung der Stadt Moskau die gesetzlichen Rechte und Interessen des Klägers verletzte, indem sie die von ihm angemietete Räumlichkeit nach der Veröffentlichung des FG-159 ins Vermögensverzeichnis aufnahm. Mangels sachlicher Begründung für diese Handlung durch das beklagte Departement für Verwaltung des Vermögens der Stadt Moskau wurde die Aufnahme als Hindernis zur Ausübung des Vorzugskaufrechts des Klägers angesehen und der ablehnende Bescheid des Beklagten bzgl. des Erwerbs der Räumlichkeit für rechtswidrig erklärt.


c) Der Kaufpreis


Die Veräußerung der Räumlichkeiten erfolgt zum Marktwert, welcher durch einen unabhängigen Gutachter festzustellen ist. Die KMU haben das Recht, die Zahlungsart zu wählen: Zahlung in einem Betrag oder Teilzahlung (mindestens drei Jahre), wobei im zweiten Fall der Zinssatz ein Drittel des Refinanzierungssatzes der Zentralbank RF nicht übersteigen darf.


Auf den Kaufpreis werden Kosten von Verbesserungsarbeiten (sog. „untrennbare Verbesserungen“) angerechnet, wenn diese mit Zustimmung des Vermieters vorgenommen wurden, Art. 5 Abs. 6 FG-159. Diese Rechtsnorm stärkt somit die Rechte der KMU als Mieter im Vergleich zu den allgemeinen Rechtsnormen des Bürgerlichen Kodex, welche den Vermieter dazu berechtigen, eine Regelung im Mietvertrag vorzusehen, wonach dieser nicht verpflichtet ist, dem Mieter die Kosten für die mit seiner Zustimmung durchgeführten untrennbaren Verbesserungen zu erstatten. Diesen besonderen Schutz bestätigt die Rechtsprechung wie z. B. im Folgenden vom Obersten Arbitragegericht RF entschiedenen Fall:


Eine AG ging den Rechtsweg bis zu der obersten Instanz, um die Anrechnung der Kosten für die (mit der Zustimmung des Vermieters) durchgeführten untrennbaren Verbesserungen der Mieträume (des Erwerbobjekts) in Höhe von über 1 Mio. RUB und das Herabsenken des Kaufpreises (über 3 Mio. RUB) zu erreichen. Der Mietvertrag mit dem Beklagen (Departement für Vermögensverhältnisse) sah vor, dass solche Kosten weder erstattet noch mit der Mietforderung aufgerechnet werden können. Die schriftliche Zustimmung des Vermieters zu der Grundrenovierung enthielt einen Hinweis darauf, dass der Mieter diese Arbeiten auf eigene Kosten durchzuführen hat und dass sämtliche untrennbaren Verbesserungen ins Eigentum des Vermieters übergehen. Trotz dieser vertraglichen Vereinbarungen stellte das Gericht fest, dass Art. 5 Abs. 6 FG-159 einen zwingenden Charakter hat und keine Abweichungsmöglichkeiten vorsieht, sodass die Anrechnung auf den Kaufpreis durchzuführen ist. Das Gericht berücksichtigte aber auch die Tatsache, dass der Mieter die verbesserten Räumlichkeiten während einer gewissen Zeit nutzte, mit der Folge, dass die Höhe der Verbesserungskosten von dem Zustand der Räumlichkeiten zum Zeitpunkt der Feststellung ihres Marktwertes (s.o.) abhängig ist.


d) Pflicht zum Abschluss des Kaufvertrags mit dem K/MU


Liegen die Voraussetzungen vor und wurde im Falle des Erwerbs nach Art. 9 FG-159 der Antrag über die Ausübung des Vorzugskaufrechts gestellt, ist das zuständige Organ (Vermieter) verpflichtet, den Kaufvertrag abzuschließen. Die Ablehnung der Veräußerung seitens des Organs, seine Untätigkeit sowie die Richtigkeit des festgestellten Marktwertes können erfolgreich mit einer Klage angegriffen werden. In einem interessanten Fall  hob das Oberste Arbitragegericht RF drei Urteile der Vorinstanzen auf und entschied zugunsten der klagenden GmbH, welche begehrte, den ablehnenden Beschluss des Beklagten bzgl. des Erwerbs der angemieteten Räumlichkeiten für rechtswidrig zu erklären und den Beklagten zum Abschluss des Kaufvertrags zu verpflichten.


e) Verletzung des Vorzugskaufrechts


Werden die Räumlichkeiten unter Missachtung des Vorzugskaufrechts an einen Dritten veräußert, ist dieses Rechtsgeschäft zwar wirksam, die KMU sind aber berechtigt, innerhalb von zwei Monaten ab der Kenntniserlangung (oder Kennenmüssen) die Abtretung der Rechte und Pflichten dieses dritten Erwerbers zu verlangen.


3. Teilnahme am staatlichen Vergabeverfahren


Im April 2013 wurde ein neues Gesetz (FG-44) zur Regelung des staatlichen Vergabeverfahrens erlassen, welches am 1.1.2014 in Kraft treten sollte. Dieses Gesetz verpflichtet die Auftraggeber, Aufträge an die KU im Umfang von mindestens 15% des jährlichen Auftragsumfangs zu vergeben, wobei der maximale Startpreis 20 Mio. RUB nicht übersteigen darf. Am Ende jeden Jahres ist ein Bericht zu erstellen und im Frühling des darauffolgenden Jahres zu veröffentlichen. Bei der Auftragserteilung an ein Nicht-KU sind die Auftraggeber berechtigt als Vergabevoraussetzung zu fordern, dass dieser die KU als Sub-Unternehmen zur Erfüllung des Auftrags heranzieht, und ist verpflichtet, dies zu kontrollieren.


Hauptursachen für die Einführung neuer Regelungen waren einerseits die Korruption in der Vergabepraxis und andererseits die Förderung des unternehmerischen Sektors. So soll der Erwerb von Luxusgütern u. a. dadurch verhindert werden, dass die Auftraggeber nun verpflichtet sein werden, den Erwerb zu begründen. Das neue Vergabesystem soll transparenter und flexibler gestaltet werden und wird im Gegensatz zu den noch bis Ende des Jahres 2013 geltenden Rechtnormen den gesamten Vergabeablauf umfassen und eine Kontrolle seitens der „Bürger, gesellschaftlicher und juristischer Vereinigungen“ zulassen. Ob die vom Gesetzesgeber verfolgten Ziele auch erreicht werden, bleibt abzuwarten. Gewiss ist aber, dass FG-44 einiger Ergänzungen durch Erlass von Normativakten bedarf und dass es die Interessen der KMU nicht berücksichtig.


Jedoch sind die KMU nicht ganz von den neusten Entwicklungen im Vergaberecht ausgeschlossen. Die KMU sollen in der Zukunft einen erweiterten Zugang zu den Aufträgen von Großunternehmen erhalten, an deren Stammkapital der Staat mit einem Anteil von insgesamt mehr als 50% beteiligt ist. Dieser Plan des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung wurde von dem Premier-Minister Medvedev genehmigt und soll in den Jahren 2014-2018 realisiert werden. Aktuell beläuft sich der Umfang der von den genannten Unternehmen vergebenen Aufträge auf mindestens 7 Trillionen RUB im Jahr, wobei der Umfang der an die KMU vergebenen Aufträge nur 10 % des jährlichen Auftragsumfangs beträgt. Denn diese Auftraggeber orientieren sich bei der Vergabe primär an den Interessen der Großunternehmen (insbesondere an Interessen eigener Tochtergesellschaften und verbundenen Personen). Der Auftragsumfang soll gemäß dem Plan nun auf 25 % gesteigert werden. Dies erlaubt den KMU in der Vergabepraxis zu profitieren.


4. Finanzielle Unterstützung


Das FG-209 sieht eine finanzielle Unterstützung der KMU im Wege der Gewährung von Subventionen und staatlichen Garantien vor. Zwecks Realisierung des Förderprogramms erließ z. B. die Regierung der Stadt Moskau eine Verordnung, welche die Subventionsvergabe aus dem städtischen Haushalt regelt. So werden die KMU finanziell unterstützt:

  • bei der Rückzahlung von Zinsen für Bankkredite, deren Aufnahme die Leistungs- und Produktionsentwicklung bezweckte (u.a. die Erneuerung des Anlagevermögens), mit einer Subvention i. H. v. bis zu 5 Mio. RUB;

  • bei der Leistung von Leasingzahlungen (Leasing von Anlagevermögen mit Ausnahme der Kfz), wenn der Leasingvertrag die Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Stadt Moskau und ihres Bezirks bezweckte, mit einer Subvention i. H. v. bis zu 5 Mio. RUB oder 30 % des Wertes des Leasinggegenstands;

  • bei der Existenzgründung (zum Zeitpunkt der Antragstellung sind noch keine zwei Jahre seit der Registrierung des K/MU vergangen) mit einer Subvention i. H. v. bis zu 500 000 RUB.

Profitieren können solche Antragsteller, die als Steuerzahler auf dem Gebiet der Stadt Moskau registriert sind und keine Betriebsstätte außerhalb des genannten Gebiets haben, es sei denn mindestens 50 % der Steuerzahlungen werden zugunsten des Moskauer Budget geleistet. Erfasst sind Kredit-/Leasingverträge, welche nach dem 1. Januar 2012 geschlossen wurden. Über die Gewährung und die Anzahl der begünstigten Antragsteller entscheidet eine Kommission, welche jedes Unternehmen nach speziellen Kriterien bewertet. So erhält man z. B. eine bessere „Note“ bei langfristigen Kreditverträgen (ab drei Jahren) oder bei einer höheren Anzahl von Arbeitnehmern, welchen durch den Erhalt der Subvention ein Arbeitsplatz angeboten werden kann.


Um eine mittelbare finanzielle Unterstützung zu gewährleisten, wurden bereits regionale Garantiefonds gegründet, welche gegenüber den Banken Garantien für die KMU bei der Kreditaufnahme übernehmen. Geplant ist weiterhin die Gründung eines Föderalen Garantiefonds in diesem Jahr, welcher seinerseits Bürgschaften und Garantien für die regionalen Fonds übernehmen wird.


V. Fazit


Es sind bereits einige Schritte in die richtige Richtung vorgenommen worden, auch wenn manches Nachbesserungen bedarf. Insbesondere ist die Steuerentlastung für MU erforderlich, um deren Entwicklung zu fördern und zu verhindern, dass ein wachsendes KU sich in zwei oder drei andere KU aufteilt, um das allgemein geltende Besteuerungsverfahren zu umgehen. Ein Problem bleibt der Zugang der KMU zu den Bankkrediten. Die Banken sollen in den Jahren 2014-2016 bis zu 200 Mrd. RUB aus dem föderalen Budget erhalten, um lange Kredite mit einem Zinssatz i. H. v. maximal 10 % zu vergeben (im Vergleich zu 14-17 % in der aktuellen Situation), so der Plan des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung. Interessant ist, dass die russischen KMU in der letzten Umfrage zum Geschäftsklima den Mangel an Fachleuten als größtes Hindernis für die Entwicklung bezeichnet haben, die Steuerbelastung belegte den zweiten und die unzureichende Kreditvergabe den dritten Platz.


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